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Bürgermeisterwahlen in Niedersachsen |
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Machtpolitische Spielchen der CDU auf Kosten der Demokratie
Die CDU im niedersächsischen Landtag will ihre Macht ausspielen und das Kommunalwahlgesetz in einer überstürzten Aktion zu ihrem Vorteil verändern. Dabei greift sie altbewährte demokratische Prinzipien an.
Bürgermeister brauchen einen breiten Rückhalt in der Bevölkerung. Deshalb war es bislang so, dass es eine Stichwahl gab, wenn im ersten Wahlgang keiner der Bürgermeister-Kandidaten die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen auf sich vereinigen konnte. Die CDU will diese Stichwahlen nun abschaffen. Es sollen die Kandidaten gewählt sein, die im ersten Wahlgang die meisten Stimmen erreicht haben. Teilweise könnten dann weniger als 30 Prozent der Stimmen ausreichen, um gewählt zu sein. Dies wird generell als wenig demokratisch angesehen. Niedersachsen würde nach dem Willen der CDU bald das einzige Bundesland sein, wo es keine Stichwahl bei Bürgermeisterwahlen mehr gibt. Die Länder Thüringen und NRW, die die Stichwahlen vorübergehend ebenfalls abschafften, haben sie kurz darauf wieder eingeführt bzw. wollen dies in Kürze tun.
Die CDU behauptet, sie möchte die Stichwahlen abschaffen, weil sie einen hohen organisatorischen Aufwand und hohe Kosten für die Gemeinden mit sich bringen. Außerdem verweist sie darauf, dass die Wahlbeteiligung bei Stichwahlen oft niedriger liegt als im ersten Wahlgang und dadurch die Gewählten in manchen Fällen am Ende sogar weniger Stimmen erhalten als die Erstplazierten der jeweiligen Hauptwahl. Dies würde einen Verlust an demokratischer Legitimation bedeuten.
Man kann jedoch auch einen anderen Grund vermuten, warum die CDU auf die Abschaffung der Stichwahlen drängt. Nach derzeitigem Stand würde nämlich vor allem die CDU bei zukünftigen Bürgermeisterwahlen von dieser Änderung profitieren, wohingegen unabhängige Einzelbewerber und Wählergemeinschaften benachteiligt wären (vergl. hier).
Auf jeden Fall würden die Ziele Kostenersparnis und höhere politische Legitimation viel besser erreicht werden können durch Einführung einer sogenannten "Integrierten Stichwahl". Bei diesem Wahlsystem würde die Stichwahl nicht völlig abgeschafft, sondern in den ersten Wahlgang mit eingebunden werden. Die Wähler würden die Möglichkeit bekommen, auf dem Stimmzettel nicht nur ihre Wahlentscheidung für den ersten Wahlgang abzugeben, sondern auch zu erklären, wie ihre Wahl im Falle einer Stichwahl-Situation ausfällt. Das Aussehen der Wahlzettel könnte unverändert bleiben, doch würden die Wähler zukünftig statt eines Kreuzes alternativ auch Ziffern auf dem Stimmzettel eintragen können - z.B. '1' und '2'. Mit der Ziffer '1' würde dann der Lieblings-Kandidat gekennzeichnet werden, mit der '2' hingegen der Kandidat, der die Stimme im Fall einer Stichwahl bekommen soll (sofern der bevorzugte Kandidat dort nicht mehr vertreten ist). Wenn keiner der Kandidaten auf Anhieb die absolute Mehrheit erreicht hätte, müsste lediglich eine zweite Auszählung erfolgen - die Wähler bräuchten nicht nochmals extra an die Wahlurne zu gehen.
Eine solche "Integrierte Stichwahl" wird von Wahlrechtsexperten als eine hervorragende Lösung angesehen, weil sie die Kosten der klassischen Stichwahl vermeidet und trotzdem den tatsächlichen Wählerwillen wiedergibt. Leider blockiert die CDU - offenbar aus reinem Machtkalkül - die Umsetzung eines solchen Wahlsystems.
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